Stefan Mohr

Stefan Mohr von www.simple-value-investing.de im Interview.

 

Stefan Mohr - Blogger - Value Investor

Value Investor Stefan Mohr

Stefan ist Value Investor und somit handelt auch sein Blog vom erfolgreichen Value Investing. Er veröffentlicht regelmäßig Unternehmensanalysen, Buchpräsentationen und Gedanken über erfolgreiches Investieren.
In diesem Interview gibt er Einblicke in seine Gedankenwelt als Value Investor, Tipps, wie man die Angst überwindet, im Crash zu kaufen, und berichtet über seine noch sehr neue Tätigkeit als Selbstständiger. Lesenswert!

Hallo Stefan, du schreibst auf deinem Blog (http://simple-value-investing.de/about/ueber-mich), dass du 2008/09 das erste Mal eine Value Strategie angewandt hast und somit ab diesem Zeitpunkt Value Investor warst. Du hast also inmitten des Crashs gekauft? War das schwierig?
Stefan Mohr: Ja, zum Jahreswechsel 2008/09 habe ich angefangen, mich mit Value Investing zu beschäftigen. Und auch, wenn ich am Anfang natürlich mangels Erfahrung noch sehr blauäugig war, würde ich mich seitdem als Value Investor bezeichnen.

Mitten im Crash gekauft habe ich allerdings nicht. Einfach deswegen, weil ich damals noch Student war und kein Geld übrig hatte. Ich habe damals mit einem virtuellen Musterdepot angefangen. Im Nachhinein natürlich schade, ich hätte binnen Jahresfrist mein Geld verdoppelt. Aber auf der anderen Seite wäre das pures Glück gewesen. Ich hatte damals keine Ahnung und habe einfach alle möglichen Aktien mit niedrigen KBVs in mein Musterdepot gelegt. Hätte ich ein Jahr eher angefangen, hätte ich mein Musterdepot sicher auch mit irgendwas gefüllt und wäre auf die Nase gefallen.
Aus Erfahrung kann ich daher übrigens auch sagen, dass es mit einem virtuellen Depot wesentlich einfacher ist, mitten im Crash einzusteigen. Während des Höhepunkts der Griechenland-Krise 2012 habe ich dann mit echtem Geld in griechische Unternehmen investiert. Und es ist nicht gerade einfach, das zu tun, wenn fast alle um einen herum das Gegenteil empfehlen.

Hast du einen Tipp, wie man mit seinen (irrationalen) Ängsten umgeht?
Stefan Mohr: Ja, da gibt es ein paar Tipps, die zumindest für mich gut funktionieren:

1.) Kauf- und Verkaufsentscheidungen nicht aus dem Bauch heraus treffen, sondern mit rationalen Argumenten begründen. Das hört sich zugegebenermaßen leichter an, als es ist, das menschliche Gehirn ist nicht gerade dafür gemacht, Gefühle außen vor zu lassen. Sehr hilfreich ist es, Argumente schriftlich festzuhalten. Das muss keine seitenlange Analyse werden. Aber in 3 oder 4 Stichpunkten die wesentlichen Gründe für die eigene Entscheidung festzuhalten, zwingt einen zu rationalen Argumenten und verringert die Gefahr von Bauchentscheidungen.

2.) Immer langfristig denken! Und mit langfristig Denken meine ich mindestens 5, eher 10 Jahre. Der Großteil der Finanzwelt denkt dagegen meist nur bis zum nächsten Quartalsbericht oder vielleicht mit einem Zeithorizont von 1 bis 2 Jahren. Wenn man mitten in einem Crash wie 2008/2009 darüber nachdenkt, wie ein Unternehmen in 10 Jahren aussehen könnte, kann man in vielen Fällen eigentlich nur zu dem Schluss kommen, dass der Kurs viel zu niedrig ist. Dazu muss man weder übermäßig clever sein noch die nächsten 10 Jahre übermäßig genau vorhersagen können.

3.) Nicht zu oft auf die Kurse schauen, das macht nur verrückt. Insbesondere, wenn die eigenen Aktien gerade fallen, ist das wichtig. Warum sollte man sich jeden Morgen den Tag versauen, insbesondere, wenn es einem nichts bringt? Ob die Kurse nun weiter fallen oder nicht, ist kaum vorhersagbar. Einmal pro Woche oder gar einmal im Monat auf die Kurse zu schauen, ist meist völlig ausreichend.

Warum sollte man sich als Anleger für eine Value Strategie entscheiden?
Stefan Mohr: Weil es eine klare Strategie ist, die auf einfachen Prinzipien beruht und nachgewiesenermaßen bei richtiger Anwendung erfolgreich ist. Was kann einleuchtender sein, als einen Unternehmensanteil für weniger zu kaufen, als er wert ist?

Und hier kommt leider auch schon das große „Aber“: Die richtige Anwendung ist eben nicht so einfach und nach meiner Erfahrung sehr zeitintensiv. Mal eben schnell ein Buch über Value Investing lesen und schnell mal ein paar Kennzahlen anschauen, reicht leider nicht. Stattdessen muss man versuchen, kontinuierlich über Unternehmen zu lernen, Dinge zu hinterfragen und vor allem die Grenzen der eigenen Kompetenz genau kennen. Dafür reicht es i. d. R. nicht, sich 1 oder 2 Stunden pro Woche mit der Materie zu beschäftigen. Aber nicht mal ein großer Zeitaufwand ist leider eine Garantie für Erfolg. Den Markt dauerhaft zu schlagen, ist schwerer, als man vielleicht auf den ersten Blick denken mag.

Stattdessen würde ich in der Mehrzahl der Fälle dazu raten, kein aktives Stock-Picking zu betreiben. Auf den ersten Blick mag eine durchschnittliche Rendite wenig verlockend erscheinen. Aber wenn man davon ausgeht, dass die meisten Anleger es doch nicht schaffen, dauerhaft den Markt zu schlagen, dann ist es eben eine gute Idee, zumindest seine Kosten zu minimieren. Wer einen breit streuenden ETF mit niedrigen Kosten kontinuierlich bespart, der wird auf lange Sicht besser abschneiden als die meisten anderen Anleger. Die gesparte Zeit kann man dann in andere wichtige Sachen stecken …

Kurz: Value Investing kann langfristig zum Erfolg führen, wenn man seine Hausaufgaben macht. Aber ein Selbstläufer ist es sicher nicht.

Was ist der erste Schritt, den angehende Value Investoren tun sollten?
Stefan Mohr: Das Gleiche, was gestandene Value Investoren auch tun – viel lesen. Gerade am Anfang sollte man viele Bücher zum Thema lesen. Immer im Hinterkopf behalten, dass kein Buch ein Patentrezept liefert. Aber jedes Buch, welches man liest, liefert ein kleines Puzzlestück, um das große Ganze zu verstehen. Intelligent Investieren von Benjamin Graham ist zum Beispiel ein ganz guter Einstieg.

Und ansonsten sollte man viel lesen, um über spezifische Unternehmen oder auch Branchen etwas zu lernen. Erster Schritt sind normalerweise die Geschäftsberichte, die jedes börsennotierte Unternehmen auf seiner Website veröffentlicht.

Und wichtig ist es, nicht nur zu lesen, sondern auch über das Gelesene nachzudenken. Immer nach dem „Warum“ fragen, die richtigen Fragen stellen und versuchen, darauf Antworten zu finden.

Worauf kommt es bei der Auswahl der richtigen (Value-)Strategie an?
Stefan Mohr: Wichtig ist es, denke ich, vor allem, sich nicht zu sehr von anderen beeinflussen zu lassen und für Neues offen zu bleiben.
Es gibt viele Wege, als Value Investor erfolgreich zu sein. Man kann Qualitätsunternehmen kaufen, die man über Jahrzehnte hält. Oder man kann ein breit gestreutes Depot mit spottbilligen Titeln aufbauen. Man kann sich auch auf Arbitrage-Situationen konzentrieren. Oder Expertise in bestimmten Branchen oder Regionen aufbauen und sich dann auf Investments in diesen Bereichen konzentrieren.
Wichtig ist, dass man bei dem bleibt, wovon man etwas versteht und womit man sich gut fühlt. Etwas zu tun, nur weil es andere tun oder es gerade „in“ ist, ist meist keine gute Idee.
Auf der anderen Seite sollte man aber auch offen für Neues bleiben und stetig seinen Kompetenzbereich erweitern. Allerdings macht jeder Durststrecken durch. Nur weil eine Strategie mal ein paar Jahre nicht so gut funktioniert hat, sollte man nicht gleich alles über den Haufen werfen. Das führt tendenziell nur dazu, dass man gerade zum ungünstigsten Zeitpunkt umschichtet. Und gerade, um solche Durststrecken zu überwinden, ist es eben besonders wichtig, dass man von dem überzeugt ist, was man tut.

Du hast dich im April 2013 selbstständig gemacht.
Stefan Mohr: Richtig. Während meines Studiums und nach meiner einjährigen Tätigkeit als Angestellter hat sich für mich immer mehr der Wunsch entwickelt, etwas Eigenes auf die Beine zu stellen. Gar nicht mal, weil ich als Angestellter unzufrieden gewesen wäre, ich hatte eine sehr interessante Stelle. Aber an eigenen Projekten zu arbeiten, hat mich einfach so sehr motiviert, dass ich es einfach versuchen musste. Und dafür war „so schnell wie möglich“ die optimale Lösung. Wenn man erst einmal Haus und Kinder hat, tut man sich vermutlich zunehmend schwer damit, Risiken einzugehen.

Was ist der Schwerpunkt deiner selbstständigen Arbeit?
Stefan Mohr: Letztendlich das, was ich vorher schon als Hobby einige Zeit gemacht habe: eigene Webseiten betreiben. Das sind vor allem diverse Nischenseiten, auf denen ich detaillierte und hilfreiche Informationen, Testberichte usw. zu einer speziellen Produktgruppe zusammenstelle. Letztendlich gehören zu meiner Arbeit also nicht nur der Aufbau der Webseiten, sondern vor allem das Sammeln und Zusammenfassen von Informationen und das Testen von Produkten.

Konkrete Beispiele: Fahrradbeleuchtung Info, Fahrradcomputer Info und NiMH-Akku-Test sind aktuell meine wichtigsten Projekte. Wobei Ersteres schon recht groß ist, die beiden Letzteren dagegen sind noch recht neu und in der früheren Aufbauphase.

Wie geht es dir damit?
Stefan Mohr: Finanziell? Aktuell eher noch bescheiden. Ich komme über die Runden, aber verdiene im Schnitt weniger als früher als Angestellter. Das liegt aber auch daran, dass solche Webprojekte langfristiger Natur sind. Am Anfang investiert man viel Zeit, ohne dass man einen finanziellen Nutzen hat. Bis eine Webseite relevante Einnahmen abwirft, braucht man viel Durchhaltevermögen und muss viel Arbeit reinstecken. Aber dafür, dass ich erst seit knapp einem Jahr Vollzeit daran arbeite, kann ich eigentlich zufrieden sein. Es geht Stück für Stück voran …

Wenn man vom Finanziellen absieht, bin ich aber auch jetzt schon absolut zufrieden. Ich kann mir meine Zeit frei einteilen, tue das, was ich will, so wie ich es will, und kein Chef kann mir etwas vorschreiben. Ich mache Urlaub, wann ich es will. Der Laptop kommt i. d. R. sowieso mit, es gibt nichts Produktiveres, als in entspannter Atmosphäre mal ein paar Stunden zwischendurch zu arbeiten.
Gut ist die freie Zeiteinteilung auch für mich als Value Investor. Wenn ich mal eine gute Idee habe, kann ich quasi sofort alles stehen und liegen lassen und mich ein paar Tage voll auf das Research konzentrieren.

Auf der anderen Seite hat man natürlich auch Nachteile. Sich selbst zu motivieren, ist nicht immer einfach. Der Versuchung, mal eben einen Film zu schauen oder lieber eine Runde Rad zu fahren, weil das Wetter grad so schön ist, kann man leicht nachgeben, wenn kein Chef einen daran hindert. Aber wenn man die Arbeit zu oft vernachlässigt, führt das auf Dauer zu Problemen. Wer möglichst viel Freizeit haben will, ist als Selbstständiger eher an der falschen Adresse.
Wenn Projekte scheitern, kriegt man als Angestellter trotzdem Geld, als Selbstständiger hat man einfach Pech.
Auch der ganze administrative Kram wie Buchführung und Steuern sind nicht unbedingt jedermanns Sache. Auch wenn man sich professionelle Hilfe holen kann, ganz kommt man um das Thema nicht drum rum.

Für mich überwiegen die Vorteile die Nachteile bei Weitem. Aber es ist vermutlich auch Typsache, was einem mehr zusagt.

Würdest du diesen Schritt wieder gehen?
Stefan Mohr: Ja, definitiv!

Vielen Dank für das Interview!

Das Interview führte Alois Alexander Greiner – www.aktienkaufen24.com

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