Tobias Buchwald im Interview

Tobias Buchwald von Preis-und-Wert.com im Interview

 

Die Antworten sind kursiv gehalten

Hallo Tobias, für alle, die dich noch nicht kennen, stelle dich bitte kurz einmal vor.
Wer bist du und was machst du?

Hi, ich bin 26 Jahre alt, wohne in Berlin und beende gerade mein Mathematikstudium an der TU Berlin. Einen Job für die Zeit danach habe ich bislang zwar nicht, aber ich fange gerade erst mit der Suche an. Da es in Berlin keine schönen Stellen in Finanzdingen gibt, wird es wohl mit hoher Wahrscheinlichkeit auf die Softwareentwicklung hinauslaufen. Ansonsten bin ich ein ganz umgänglicher Typ, liebe Gesellschaftsspiele, engagiere mich in meiner Kirchengemeinde, mache gerne selbst Musik oder genieße einfach Berlin bei besserem Wetter 🙂

Wie definierst du für dich ein erfolgreiches Investment?

Ein erfolgreiches Investment ist eines, bei dem der erwartete Verlauf eingetreten ist.
Wenn das passiert, bestätigt es meine Gedanken, die ich mir beim Kauf gemacht habe, und zeigt, dass ich auf dem richtigen Weg bin. Wenn man Verluste erleidet, aber auch wenn man nur durch reinen Zufall Gewinne macht, sollte man daraus lernen, es in der Zukunft besser zu machen. Letztendlich möchte man aber natürlich Gewinne machen – und dort habe ich mir eine persönliche Zielmarke von mindestens 10 % pro Jahr gesetzt. Kann ich bei einem Unternehmen nicht davon ausgehen, dass diese Rendite erreicht wird, dann setze ich es auch im besten Fall nur auf Beobachtung und suche weiter. Wenn alles mitspielt (wie im letzten Jahr bei mir Hypoport oder Balda), freue ich mich natürlich auch darüber, weitaus höhere Gewinne zu realisieren.

Du bist Value Investor. Welches Bewertungsmodell [(Discounted Cash Flow oder KGV (Kurs-Gewinn-Verhältnis), KBV (Kurs-Buchwert-Verhältnis)] wendest du für die Analyse eines Unternehmens an bzw. welches Verfahren zur Berechnung des inneren/fairen Wertes ist für dich das erfolgversprechendste?

Das ist schwer zu beantworten – aus theoretischer Sicht ist Discounted Cash Flow oder auch Discounted Dividends natürlich großartig. Allerdings müsste man dafür die Zukunft kennen, um die Zinsen, Wachstumsraten usw. zu schätzen. Da ich das leider wie die meisten nicht kann, versuche ich, Unternehmen mit unsicherer Marktstellung zunächst zu meiden (z. B. neue sich schnell entwickelnde Technologien, sinkende Marktanteile, stark zyklisches Geschäft, unklare Aussichten oder politische Abhängigkeit). Anschließend versuche ich, die Unternehmen mit guter Ertragslage, idealerweise Dividenden und außerdem geringer Bewertung zu finden. Dazu schaue ich mir dann die Kapitalrenditen an, das Kurs-Gewinn-Verhältnis natürlich, den Buchwert und seine langfristige Steigerungsrate, die Verschuldungssituation … Manchmal kann ein dickes Cashpolster auf der Bank schon Argument genug sein, manchmal trotz magerer Gewinne ein Vorsprung vor den Wettbewerbern – letztendlich ist es immer ein Zusammenfügen verschiedener kleiner Puzzleteile zu einem großen Bild. Dieses Bild sollte auf die eine oder andere Weise eine angemessene Rückzahlung der Investition erwarten lassen, das ist alles.

In welche Art von Unternehmen investierst du bevorzugt?

Am liebsten mag ich Unternehmen mit einer starken Bilanz, starker Marktstellung und gleichzeitig niedriger Bewertung. Und das Management muss vertrauenswürdig sein und einen guten Umgang mit dem Kapital beweisen.

Wie lange hältst du die erworbenen Aktien durchschnittlich?

Ich habe 2011 mit Aktien angefangen, von den damals gekauften halte ich ehrlich gesagt keine einzige mehr. Die Haltedauer hängt auch von der Strategie ab, die man in der Aktie sieht. Es gibt Dauerbrenner wie Coca Cola, Siemens, Visa, BASF … Die werden sich in einem Jahr nicht einfach verdoppeln, aber man kann mit hoher Wahrscheinlichkeit von langfristigem Wertzuwachs ausgehen. Und dann gibt es kurzfristige Sachen, wo man zum Beispiel aufgrund einer Bewertung unter Liquidationswert von einem sicheren Gewinn ausgehen kann und verkauft, sobald dieser Wert überschritten wird.
Kaufen und ewig halten macht meiner Meinung nach für inaktive Anleger oder sehr große Summen Sinn, aber ist für einen aktiven Kleinanleger nicht nötig.

Sind die Analyse sowie die Pflege deiner Investments (Aktien) sehr zeitintensiv?

Ja, allerdings bin ich zum Teil selbst daran schuld. Bevor ich eine Position eingehe, möchte ich immer in meinem Blog eine Analyse darüber geschrieben haben und die Vorteile und Nachteile genau beleuchten. So eine Analyse kann ein bis zwei Tage in Anspruch nehmen, wenn man genau sein will. Seit ich mit meiner wundervollen Freundin zusammen bin, habe ich daher nicht mehr sooo viel im Blog geschafft.
Ich denke aber, dass einige meiner Aktien zu den Dauerbrennern gehören, um die man sich nicht ständig kümmern muss. Daher könnte ich sie jetzt auch einfach liegen lassen – aber es macht mir immer noch zu viel Spaß!

Welche Art von Riskmanagement betreibst du?

Ich versuche, beim Kauf die Risiken mit einzuschätzen und unsichere Aktien auszuschließen, deren Entwicklung ich kein bisschen prognostizieren kann. Von Stop-Loss- oder Optionsstrategien halte ich im Allgemeinen nicht viel. Daran verdient vor allem die Bank, aber im Erwartungswert hat man selbst weniger. Auch denke ich, dass Unternehmen mit niedriger Bewertung und keiner interessanten Story oft weniger riskant sind, denn je hochfliegender die Träume, desto tiefer der Fall, wenn sie platzen.

Hast du deine Strategie backgetestet? Wenn ja, über welchen Zeitraum?

Nein, abgesehen davon, dass ich von erfahreneren Menschen und ihrem Börsenwissen versuche zu lernen. Backtesting ist auch auf theoretischer Ebene problematisch, da man kaum zufällige Einflüsse oder kurzfristige Moden von langfristigen Wahrheiten unterscheiden kann. Außerdem ist es sehr schwer, an gute Datensätze von fundamentalen Unternehmensdaten zu kommen, um fundamentale Strategien testen zu können.

Wie gehst du emotional mit stark fallenden Kursen, Korrekturen oder Crashes um?

Ich ärgere mich natürlich kurzfristig. Langfristig versuche ich, nur Aktien von Firmen zu halten, die auch in schlechteren Zeiten Geld verdienen und schon vor der Korrektur günstig waren. Wenn sie dann ein Stück fallen und ich mir die Bewertung anschaue, dann sieht sie schon so günstig aus, dass ich nur verkaufen würde, wenn es wirklich unbedingt notwendig ist.

Was erwartet uns in Zukunft auf preis-und-wert.com?

Ich werde weiterhin versuchen, trotz weniger Zeit, bevor ich Aktien kaufe, eine Analyse darüber schreiben. Aktuell finde ich das Thema Banken extrem spannend angesichts der niedrigen Bewertungen, allerdings muss ich mich da noch besser einarbeiten. Und vermutlich werde ich dieses Jahr nach den Geschäftszahlen meine aktuellen Positionen noch einmal durchleuchten und schauen, ob sich das weitere Halten noch lohnt. Außerdem will ich mich auch weiter um meine Wikifolios (siehe https://www.wikifolio.com/de/de/profil/tobib) kümmern, die eine Strategie sehr schön transparent darstellen können. Gerade das Hauptwikifolio, in dem ich alle im Blog positiv besprochenen Werte versammle, hat 2015 ganz guten Erfolg gebracht und soll daran hoffentlich weiter anknüpfen.

Welche Personen sollte ich für meine Interviewreihe noch interviewen? Was sind deine persönlichen drei Favoriten?

Wie wärs mit Warren Buffet und Charlie Munger? 😀
Spaß beiseite, du hast schon einige echt tolle Leute aus der deutschen Finanzblogszene interviewt, und es ist mir eine Ehre, auch darunter zu sein. Sehr schön fände ich noch:

TomB

Christian vom Stock-Blog

Philip  (Er schreibt seit Kurzem auch auf Englisch, ist aber noch ein echter Geheimtipp.)

Oder mit englischen Blogs, aber eigentlich deutsch:
– Den Autor von valueandopportunity – (Ich kenne auch nur sein Synonym memyselfandi)

Felix Frenzel und Nils Herzing 

Vielen Dank für das Interview!
Das Interview führte Alois Alexander Greiner von www.aktienkaufen24.com.

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